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heute 54jaehrige. So entstehen seine Werke aus dem Augenblick heraus:
"Ich koennte niemals ein Gedicht im Nachhinein schreiben." Doch
wer die Stimmung nicht selbst erlebt habe, "hat Probleme, zu verstehen",
gibt er zu, daher versuche er etwa bei Lesungen, die Gedichte in einen
kommentierenden Rahmen zu stellen. "Wortplastik" nennt er sein
Lyrik-Ideal, bei dem alles Unnoetige wegfaellt: "Ich merke bei mir
selbst den Weg in die Verdichtung hinein."
Die Begegnung mit dem Judentum und dem Holocaust, der "Shoah",
sind ebenso
wie die Kritik am Christentum Stroemungen, die er in seinen Gedichten
immer wieder aufgreift. Mehr noch beruehre ihn jedoch die Landschaft Israels,
die sehr stark von der christlichen Botschaft spreche: "Gottesverstaendnis
wird fuer mich in der Wueste geboren."
"Alles ballt sich in Israel, alle Fragestellungen schlagen sich dort
nieder, Kaempfe, Verwerfungen, Religiositaet", meint er und fuegt
hinzu, daß es nicht einfach sei, in diesen Konflikten Stellung zu
beziehen, auch wenn gerade dies von einem gefordert werde: "Man muß
sich der Zerissenheit und Spannung aussetzen." Der Alt-68er, der
auch noch Ivrid, also Neuhebraeisch, lernen will, ist selbst mit zwei
juedischen Dichtern befreundet. Seine Erfahrungen aus dem Land zwischen
Rotem und Totem Meer fließen auch in die Gemeindearbeit ein, etwa
in den Gemeindeseminaren: "Ich moechte uns staerker mit unserer Geschichte
verknuepfen".
Zwei seiner Zyklen, "Sinai" und "Wie ein Gleichnis ist
die Wueste", sind vorletzten Herbst entstanden, als er mit Beduinen
durch die Wueste wandern konnte. Beeindruckt von der tiefen Spiritualitaet
des nomadischen Volkes schreibt er: "Das Kostbarste / was er hat
/ nimmt der Beduine / vor dem Gebet / um sich die Fueße zu waschen."
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"Ein Stueckchen tiefer in das Land eindringen", glaubt Helmut
Zwanger, Pfarrer der Martinsgemeinde in Tuebingen, koennen die Leser seines
Lyrik-Bandes "Israel, o Israel". Fuenf Zyklen ueber das faszinierende
"heilige Land", in dem sich die "alten Fragen in modernen
politischen Konflikten spiegeln", sind darin veroeffentlicht. Dabei
war das Land an der Ostkueste des Mittelmeeres noch in seinem Theologie-Studium
in Heidelberg und Tuebingen "kein direktes Thema". Auch spaeter,
als er Assistent an der Universitaet war, wurde das Judentum von der Theologie
"nicht als lebendige Groeße" begriffen.
1980 fuhr Zwanger nach Israel, auf dieser Reise entstand auch der Gedichtzyklus.
"Shalom Israel" war meine Form der Verdichtung", erinnert
er sich. Das Land laeßt ihn fortan nicht mehr los, insgesamt fuenf
Mal war er nun schon dort, und jedesmal bringt er einen Stapel Gedichte
mit nach Hause. Sein letzter Besuch dauert vier Monate, das jedem Pfarrer
einmal waehrend der Dienstzeit zustehende "Kontaktsemester"
bietet ihm dazu die Moeglichkeit. "Ueber einen Traum" sei er
darauf gekommen, dieses Semester in Israel zu verbringen. Er habe bei
katholischen Benediktinermoenchen in Jerusalem gewohnt, wegen des Friedensschlusses
mit Jordanien im Herbst `94 eine "sehr spannende Zeit".
"Die Inspiration kommt fuer mich aus dem Land, den Begegnungen und
Erfahrungen", erzaehlt der
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